Dialog über Klimawandel und Digitalisierung in Leipzig
Voller Inspiration kam DGB-Regionsgeschäftsführer Erik Wolf vom Berliner Auftakt des Zukunftsdialogs zurück nach Leipzig und begann, in Nordsachsen herumzufragen: Was sind die Themen, die Euch beschäftigen? Eines der ersten Gespräche führte er mit Bernd Kruppa, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall in Leipzig. Schnell war klar: Mit dem Klimawandel und der Digitalisierung steht die Automobilbranche vor großen Veränderungen, und es braucht einen Zukunftsdialog – mit den Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit Wissenschaft und Gesellschaft. Dazu wollten die beiden Gewerkschafter nach draußen gehen, um vor allem mit jungen Menschen zu reden. So entstand der Plan für eine halbtägige Konferenz zum Thema Transformation an der Universität Leipzig.
Austausch zwischen Gewerkschaft, Wissenschaft und Gesellschaft
Das Besondere: Es sollte nicht nur Vorträge und eine Podiumsdiskussion geben, sondern einen informellen Austausch, in dem die unterschiedlichen Milieus von Gewerkschaft und Wissenschaft, Beschäftigten in der Automobilbranche und Klimaaktivistinnen und -aktivisten miteinander ins Gespräch kommen. "Unser Ziel war es, die politischen Akteure miteinander zu vernetzen, damit sie in Kenntnis der anderen Bewegungen agieren können. Das schafft Stärke, man ist nicht länger isoliert", sagt Wolf. Schon bei der Planung der Konferenz sprach Erik Wolf die DGB-Hochschulgruppe an. Obwohl die Konferenz in der Prüfungsphase stattfand, erschienen zahlreiche Studierende. Sie stellten etwa ein Drittel der rund 130 Teilnehmenden. Die übrigen kamen vor allem aus Betriebs- und Personalräten, aber auch aus dem Kreis der Hochschulbeschäftigten, dem wissenschaftlichen Nachwuchs und der politischen Bildung. Zudem saßen mehrere Abgeordnete aus Landtag und Bundestag im Publikum.
Der 42-jährige Erik Wolf ist Erwachsenenpädagoge und seit fünf Jahren hauptamtlich beim DGB aktiv. Zuvor war er drei Jahre Dozent und Geschäftsführer des Zentrums für Medien und Kommunikation an der Universität Leipzig.
Das Thema Transformation brennt den Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben auf den Nägeln
Und es kamen hochkarätige Redner: Der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann wies gleich zu Beginn darauf hin, dass es in den nächsten zehn Jahren zu einschneidenden Veränderungen kommen werde, man könne nicht jeden Arbeitsplatz verteidigen. Deshalb müsse die Gewerkschaft diese Transformation mitgestalten. Professor Klaus Dörre von der Universität Jena berichtete vom Kohleausstieg in der Lausitz und warnte: Wer die Sorgen der Betroffenen ignoriere, der müsse damit rechnen, dass sie falsche Entscheidungen träfen und beispielsweise Klimaleugner wählten. Weitere Redner waren Professor Jens Südekum von der Universität Düsseldorf, der zu Digitalisierung und Robotereinsatz in der Industrie forscht, und Jens Köhler, Betriebsratsvorsitzender bei BMW in Leipzig. Er verwies darauf, dass die Menschen im Osten schon seit 29 Jahren mit einem radikalen Strukturwandel zurechtkommen müssten – und immer noch längere Arbeitszeiten hätten als im Westen. "Es war nicht konfliktfrei, keineswegs", erzählt Erik Wolf, denn in der Diskussion prallten die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Zukunftsängste wegen des Klimawandels hart aufeinander. Leipzig ist eine stark politisierte Stadt, es gibt bis heute viele Arbeitskämpfe. Zugleich ist es die Automobilindustrie, die der Stadt ihren derzeitigen Boom beschert hat.
Frühstückspause schafft Raum für Dialog
Im Vorfeld hatten Wolf und sein Team lange überlegt, wie sie die unterschiedlichen Gruppen miteinander in einen echten Dialog bringen könnten. Schließlich kamen sie auf die Idee, eine längere Frühstückspause einzuplanen, und zwar in einem schmalen Foyer, in dem sich die Teilnehmenden zwangsläufig über den Weg laufen mussten. Und tatsächlich ging der Plan auf, an allen Tischen wurde engagiert diskutiert. Das Ergebnis? "Wir haben keine spektakulären Lösungen gefunden, aber die Menschen haben einander zugehört, sie haben respektvoll miteinander gesprochen und Verständnis für die Positionen der anderen Seite entwickelt."
Erik Wolf hat schon die nächste Veranstaltung für den Zukunftsdialog im Auge: Anfang 2020 könnte es um den Strukturwandel im Verkehrssektor gehen. Die Kolleginnen und Kollegen von ver.di und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG will er mit an Bord holen. Den Zukunftsdialog kennen sie auf jeden Fall schon – denn sie waren bei der Transformationskonferenz mit dabei.
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Foto: DGB/Gordon Welters