"Das sind die Themen der Menschen!"
Empowerment in Leverkusen, einem Industriestandort im Wandel
Von unten anfangen und alles neu aufbauen – das war die Herausforderung für Gewerkschaftssekretär Damian Warias in Leverkusen. Denn bis 2018 gab es keinen DGB-Stadtverband Leverkusen. Damian, im Foto ganz rechts, und weitere Gründungsväter und -mütter starteten im Juni 2018 und standen vor den Fragen: „Wo sind unsere Schwächen und offenen Punkte vor Ort? Wo sollen wir anfangen? Zum Start müssen wir etwas machen, um die Themen der Leverkusener Bürgerinnen und Bürger abzufragen.“ Sie kamen auf die Idee, gleich groß einzusteigen und eine stadtweite Sozialkonferenz zu den brennenden Themen vor Ort zu organisieren.
„Die Menschen entscheiden, was sie vor Ort machen wollen“
Damian Warias setzt sich seit April 2018 für die LeverkusenerInnen sein. Und er ist nicht alleine: Der ganze Stadtverband hat mitgemacht, alle haben zum Erfolg beigetragen, betont er. Seinen Ansatz formuliert er entschieden: „Die Menschen entscheiden, was sie vor Ort machen wollen. Ich gebe nichts vor, sondern stehe dahinter und organisiere. Das ist unser Erfolg. Wir schreiben nichts vor, denn dann tragen die Menschen das nicht mit.“ Empowerment in Leverkusen! Damian Warias war früher Bausekretär bei der IG BAU. Dort gab es Organizing Projekte, bei denen er die Erfahrung machte: die Menschen kämpfen für ihre eigenen Projekte.
Der Stadtverband Leverkusen packte es an und stellte in wenigen Monaten die erste Sozialkonferenz auf die Beine. Mit dabei waren der Oberbürgermeister von Leverkusen und die DGB-Vorsitzende aus NRW, Anja Weber. In drei Workshops kamen die beteiligten BürgerInnen mit ExpertInnen wie dem Geschäftsführer der Agentur für Arbeit ins Gespräch. Ihre Themen waren Mobilität, Wohnen und Arbeit. „So konnten wir sehen, welche Probleme es in Leverkusen gibt. Wir hatten unsere Themen“, freut sich Damian Warias.
Leverkusen im Wandel
Eines der großen Themen in Leverkusen ist die Transformation von Arbeit: Leverkusen ist Industriestandort, vor Ort gibt es beispielsweise Chemieindustrie. Die Digitalisierung der Arbeitswelt birgt hier große Chancen und Risiken. Eine Entwicklung Richtung wissensintensive Dienstleistungen zeichnet sich ab, so Warias. Auf der Konferenz wurde der Arbeitsmarkt vor Ort analysiert und Handlungsmöglichkeiten wurden entwickelt.
Die Ideen der BürgerInnen wurden vom DGB mit einer gewerkschaftlichen Einschätzung ergänzt und konkrete kommunalpolitische Forderungen entwickelt. Zur Veröffentlichung der Forderungen in Form einer Broschüre gab es eine Pressekonferenz und viel Aufmerksamkeit sowie lokale Berichterstattung. Davor wurden PolitikerInnen in Leverkusen direkt mit den Ideen und Forderungen konfrontiert: „Das sind die Themen der Menschen!“, betont Damian Warias. Aktuell sind die Forderungen im Einsatz bei den Kommunalwahlen 2020 in NRW. Die aktuellen KandidatInnen bekamen Schlüsselfragen für Leverkusen zum Industriestandort, zu Mobilität und Vergaberecht gestellt. Ihre Antworten sind im Film zu sehen.
„Wichtig ist es, gute Ziele zu formulieren“
Drei Fliegen mit einer Klappe: den DGB vor Ort aufbauen, viele Menschen erreichen, Öffentlichkeit herstellen – die Sozialkonferenz hat es möglich gemacht. Wichtig sei es, gute Ziele zu formulieren, die man auch umsetzen kann und die richtigen Leute vor Ort zusammenzubringen, meint der Gewerkschaftssekretär: „Wenn die Menschen vor Ort erfahren, dass etwas Gutes passiert, dann schließen sie sich gerne an.“ Es sind also alle rundum zufrieden mit dem Start in Leverkusen. Eine zweite Konferenz war schnell in Planung – diesmal nur zu einem Thema: Arbeit. „Da sind wir die Fachleute“, ist Warias überzeugt. Bei der ersten Konferenz waren es zu viele große Themen, meint er – Wohnen, Mobilität und Arbeit. Deshalb geht es jetzt vertieft ans Thema Arbeit mit dem Schwerpunkt Digitalisierung und Auswirkungen der Corona-Krise.
Die Leverkusener haben dabei inzwischen noch mehr Pläne: Sie wollen ein Bündnis „Gute Arbeit“ gründen, um gemeinsam mit den Akteuren vor Ort die Arbeitsmarktpolitik aktiv mitzugestalten. Die gewerkschaftlichen Positionen sollen damit stark gemacht und die Gewerkschaften als relevante Player in Leverkusen etabliert werden.
Für alle, die das Konzept Sozialkonferenz nachmachen möchten, hat Damian Warias ein paar Tipps:
1. Themen vor Ort identifizieren, die alle betreffen.
2. ExpertInnen suchen und Engagierte einbeziehen und binden.
3. Dinge anstoßen und sich weiterentwickeln lassen.
4. Gute Teamarbeit im Stadtverband; Arbeit verteilen bei größeren Projekten.
5. Den Austausch ins Zentrum stellen.
Gerade für den Austausch findet er den Zukunftsdialog gut: „Wir brauchen Mut und Ideen, was man vor Ort machen kann.“