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Der mitbestimmte Algorithmus – oder: Warum Mitbestimmung und Technikgestaltung erweitert werden sollten

[Dieser Beitrag wurde von Welf Schröter, Mitbegründer und Leiter des Forum Soziale Technikgestaltung verfasst und von der Moderation auf die Dialogplattform eingestellt.]
Seit nunmehr achtundzwanzig Jahren vermittelt das Personennetzwerk „Forum Soziale Technikgestaltung“ (FST) beim DGB Baden-Württemberg zum Thema Digitalisierung verstehbares Orientierungswissen an Betriebs- und Personalräte, Vertrauensleute und Beschäftigte aus großen und kleinen Belegschaften. Mehr als 4.500 Frauen und Männer haben sich darin vernetzt und nutzen das Netzwerk als Stütze für die Stärkung ihrer Gestaltungskompetenz im Umgang mit der digitalen Transformation.
Nach unseren Erfahrungen werden derzeit in ca. 80 Prozent der Betriebe, Dienstleistungszentren und Verwaltungen Technologien eingeführt, die aus Sicht der Technikentwicklung betrachtet 15 bis 20 Jahre alt sind. Wir sprechen deshalb von einer „nachholenden Digitalisierung“. Diese Technologien stellen – vereinfacht ausgedrückt – hilfreiche Werkzeuge dar, die sich durch ihre Nutzung nicht verändern (von Updates, Upgrades und Antivirenprogrammen abgesehen). Dieser „nachholende“ Vorgang erscheint aber nur als „Vorspeise“ der digitalen Transformation. Unserer Ansicht nach besteht der Hauptgang aus dem Einsatz von kommenden Werkzeugen, die sich durch Nutzung („Training“) verändern. Im Fachjargon werden diese hochaktiven Software-Werkzeuge als „Autonome Software-Systeme“ (ASS) oder „selbstlernende“ Systeme bezeichnet. Im Politikmarketing werden diese Werkzeuge fälschlicherweise als „denkende Technik“ oder gar „künstliche Intelligenz“ tituliert. Diese Systeme „denken“ nicht und „lernen“ auch nicht im menschlichen Sinne. Es sind lediglich hochentwickelte mathematisierte Hilfsmittel, die den NutzerInnen scheinbar als „denkend“ erscheinen. Hier sitzt das Problem „vor“ dem Bildschirm!
Seit dem Jahr 2015 debattieren wir im FST die Notwendigkeit, die Gestaltungskompetenz der Betriebs- und Personalräte auf die „Spielregel“ dieses neuen Typs von Software auszuweiten. Wir wollen die Mitbestimmung auf diese „Spielregel“ (Algorithmus) ausdehnen, deshalb haben wir das Vorhaben „Der mitbestimmte Algorithmus“ gestartet. Aus mehrjähriger Debatte sind dreißig generische Kriterien erwachsen, die sich auf den Code des Algorithmus und auf die Zusammenhänge des algorithmischen Entscheidungsprozesses beziehen. (Siehe: Welf Schröter (Hg.): Der mitbestimmte Algorithmus. Gestaltungskompetenz für den Wandel der Arbeit. 2019, 248 S.).
Hinter diesem Vorhaben steckt unter anderem der Gestaltungsansatz, diese neue Software nur für Sachentscheidungen (Materialeffizienz, Energieeffizienz, Klimaschutz etc.) zuzulassen nicht aber als Entscheidungsinstanz über das Leben von Menschen (Entscheidung über Gewährung von Geld oder Aufenthaltsgenehmigungen). Dies ist eine ethische Frage und eine Frage an unser Menschenbild. Ausführlich haben wir diese Überlegungen – wie etwa auch zu einer angeblichen „Maschinenethik“ – im Blog www.blog-zukunft-der-arbeit.de beschrieben.
Es ist an der Zeit, über die erweiterte Mitbestimmung zu reden. Seien wir mutig und handeln wir aufrecht und selbstbewusst. Nicht zu Objekten der digitalen Transformation sollten wir uns erniedrigen lassen. Wir wollen Subjekte sein. „Der mitbestimmte Algorithmus“ und die Einmischung der Mitbestimmung in algorithmische Entscheidungssysteme sind ein notwendiges neues Handlungsfeld. Auch der Klimaschutz benötigt mitbestimmte Algorithmen.
[Der Autor ist Mitbegründer und Leiter des Forum Soziale Technikgestaltung.]

Kommentare

Moderationskommentar

[Dieser Kommentar wurde auf Twitter abgegeben und nachträglich von der Moderation auf die Dialogplattform eingestellt]

Man könnte ein Label entwickeln und die Arbeit an ungelabelter Software verweigern. Also, so würde ich es machen, wenn ich eine Gewerkschaft wäre.